Eleonora Pedretti ist freie Bühnen- und Kostümbildnerin und arbeitet mit Regisseur*innen, Performer*innen und Kollektiven aus ganz Deutschland. Sie kommt aus Italien nach Berlin, wo sie heute lebt und 2017 ihren Master an der TU in Bühnenbild_Szenischer Raum absolvierte.
Hattest du zu Beginn deines Studiums am Studiengang Bühnenbild_Szenischer Raum schon dein jetziges Berufsbild vor Augen?
Um ehrlich zu sein… ganz und gar nicht. Zum Zeitpunkt meiner Bewerbung für das Masterstudium war ich überzeugt, dass Bühnen- und Kostümbildnerin zu werden, die geeignete Tätigkeit für mich ist. Da ich an Kunstakademien in Italien und USA studierte und nachher in der Modebranche und im Bereich der Installationskunst arbeitete, fühlte es sich ganz logisch an, den Schritt in die Performative Kunst vorzunehmen. Rückblickend sehe ich jetzt ein, dass ich die Entscheidung mehr aus einer Faszination heraus getroffen hatte, ohne zu wissen, wie genau der Beruf sein würde und vor allem, welche Dynamiken hinter den zugehörigen Institutionen stecken.
Wie ging es nach dem Studium weiter, wie sah dein Einstieg in die Praxis aus?
Während des Masterprogramms hatte ich die Gelegenheit, einige Realisierungsprojekte durchzuführen. Daher besaß ich schon Grundwissen, wie eine Inszenierung läuft und welche Schritte zu unternehmen sind. Direkt nach meiner Abschlussarbeit bewarb ich mich außerhalb Berlins, um Erfahrung mit einem großen Stadttheater zu gewinnen und wurde am Schauspiel / Oper Köln als Ausstattungsassistentin eingestellt. Zunächst war ich total enthusiastisch, aber bald erkannte ich, dass es nicht um Kreativität ging, sondern um Logistik und Proben Betreuung. Jedoch lernte ich sehr viel von der Requisiten Abteilung und der Werkstatt. Parallel fing ich mit eigenen Projekten als Bühnen- und Kostümbildnerin in der Freien Szene an. Nach zwei Jahren in Köln bin ich nach Berlin zurückgekommen, wo ich seitdem ich als Selbständige bei Theater-, Tanz- sowie Opernprojekten arbeite. Eines meiner aktuellsten Projekte war die Ausstattung für eine interaktive Live-streaming Performance.
Was gefällt dir besonders an deinem Beruf?
Jedes Projekt ist anders und birgt neue Herausforderungen… das macht den Beruf niemals langweilig! Mir gefällt besonders die Vorbereitung: die Recherche, Modelle zu bauen, die 3D-Zeichnungen, Stoffe zu entdecken und mit verschiedenen Materialien zu experimentieren. Die Dramaturgie und das Regiekonzept des Stücks sind wichtige Faktoren, die meine Entwürfe beeinflussen. Ich finde den ganzen Prozess interessant, selbst wenn es passiert, dass sich meine Visionen, von denen der Regisseure abgrenzen. Viele inspirative und emotionale Höhen aber auch Tiefen zeichnen sich bei jedem Projekt ab und merkwürdigerweise genieße ich das. Vor allem habe ich viele wunderbare Leute getroffen, worüber ich sehr froh bin.
Welche Erinnerungen verbindest du mit dem Studiengang TU BBSR? Und was bedeutet das Studium an der TU für dich heute? Wie prägend war die TU-Zeit für deine heutige Arbeit?
Das Studium war für mich ein Wendepunkt und eine anregende Zeit. Ich ging jeden Tag ins Atelier, wo mich das stundenlange Modellbauen und Gedankenaustausche mit Studierenden aus der ganzen Welt sehr inspirierten und motivierten. Heute vermisse ich den völlig freien kreativen Ansatz, den die reale Arbeitswelt leider nicht immer ermöglicht. Persönlich empfand ich an der TU die Internationalität aber auch die Praxisprojekte als größten Zugewinn. Wenn auch im ersten Semester von den Dozenten eine Studentenauswahl getroffen wurde und ich an keiner Realisierung teilnehmen durfte, bekam ich im zweiten Semester die Möglichkeit einer Praxiserfahrung, nachdem ich einen Wettbewerb gewann. Diese Erfahrung, nebst anderen Projekten, wirkte sich aufbauend auf mein Portfolio und mein Selbstvertrauen aus. Ohne das Studium wäre mein Weg zum Theater doch schwieriger gewesen.
Gibt es etwas, das du heute anders machen würdest oder dir wünschst?
Ich habe immer parallele Tätigkeiten durchgeführt und möchte mich auch heute nicht nur an eine binden. Es gibt so viel zu Lernen und zu Entdecken. Derzeit studiere ich neben meiner Selbstständigkeit einen zweiten Bachelor, der gar nichts mit Kunst zu tun hat. Ich würde heute dennoch nichts komplett anders machen. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann wären das viel mehr internationale Projekte.
Welche Tipps würdest du jemandem geben, der zum Theater gehen möchte?
Ich würde jedem raten ein Praktikum zu machen und sich über unterschiedliche Leute, die den Beruf ausüben, zu informieren. Darüber kann ein guter Eindruck über die sehr unterschiedlichen Herangehensweisen gewonnen werden. Persönlich finde ich, dass die Theaterwelt, wie jeder Bereich, Sonnen- wie Schattenseiten hat. Es könnte notwendig sein, sich ein dickes Fell zuzulegen, besonders am Anfang in Assistenz Positionen. Wer Interesse an Räumen generell hat, sollte sich zusätzlich in Ausstellungs- und Raumgestaltung bilden, um flexible Arbeitsgelegenheiten zu haben. Als letztes wäre – mehr für Ausländer wie mich – zu bedenken an welchem Ort man leben will und mit welchen Kompromissen man umgehen kann, denn Deutschland gibt es viele Möglichkeiten, am Theater zu arbeiten. Woanders könnte es möglicherweise schwieriger sein.