Maria Wolgast

Maria Wolgast arbeitet als freie Bühnen- und Kostümbildnerin und unterrichtet regelmäßig an verschiedenen Hochschulen. Sie hat von 2008 bis 2010 am Masterstudiengang Bühnenbild_Szenischer Raum studiert.

Maria, vor deinem Studium an der TU hast du Kunst- und Theaterwissenschaften sowie Szenografie in Norwegen studiert. Du warst an verschiedenen Theatern in Deutschland (Stadttheater Hildesheim, Theater an der Parkaue Berlin) und Norwegen (Nationaltheater Oslo, Oper Kristiansand, Black Box Theater Oslo) als Bühnenbildnerin und Assistentin tätig. Was hat dich bewogen, den Master of Arts an der TU Berlin zu absolvieren?
Für mich war ausschlaggebend, meinen eigenen Zugang insbesondere für Musiktheater – jenseits von Produktionsdruck im Theater – zu entwickeln. Ich hatte damals den Wunsch, raus aus dem Theateralltag zu kommen, fühlte mich dort schon ziemlich eingespannt, es lief alles sehr schnell – und das zwischen Deutschland und Norwegen. Ich wollte mir nochmals intensiv Zeit fürs Entwerfen und für ein Verständnis von Oper nehmen. Während meines Theaterwissenschaftsstudiums ging es um Schauspiel mit Schwerpunkt zeitgenössische, interdisziplinäre, postdramatische Formen. Und das Studium an der Norwegischen Akademie war super, experimentell, sehr frei. Aber ich hatte immer das Bedürfnis, in die Komplexität von Musiktheater intensiver einzutauchen. Insofern lag mein Schwerpunkt im Masterstudium klar im Bühnenbildbereich, aber ebenso waren die breit aufgestellten Lehrveranstaltungen u.a. zu Ausstellungen und urbanen Interventionen für mich sehr anregend. Ich habe mir mit dem Masterstudium an der TU Berlin den selbstgewählten “Luxus” ermöglicht, die Basis für meine künstlerische Arbeit zu erweitern, was mich sicherlich geprägt hat.

Wenn du von deinem künstlerischem Zugang sprichst: wie würdest du deine Arbeiten charakterisieren ?
Ob bespielbare Installation für eine Ausstellung, Musical, Schauspiel, Oper, Kinder- und Jugendtheater oder Projekte im urbanen Raum: ich suche nach einem zentralen Bild oder Universum und einer verbindenden Materialität, die möglichst wandlungsfähig ist. Also ein Material oder Objekt, das unterschiedliche Aspekte in sich birgt, vielleicht sehr gegensätzlich sein kann, mit dem sich Spannungsverhältnisse ausloten lassen – als eine Leitlinie für die Konflikte der Figuren, Atmosphären, Fragen, Themen, die sich mir stellen. Ich denke weniger in Kategorien wie gebauten Innen- oder Außenraum. Vielleicht bin ich mit dem Materialfokus einerseits abstrakter, aber gleichzeitig auch sinnlicher. Auf jeden Fall interessiert mich immer Metamorphose und Prozess von Material und dem daraus entstehenden Raum – durch die Akteure initiiert.

Welche Erinnerungen verbindest du mit dem Studiengang?
Vor allem eine beeindruckende Vielfalt an Lehrangeboten, Themen, Arbeitsfeldern inklusive konkreter Realisierungsprojekte. Die intensive Betreuung durch die Lehrenden und vor allem der rege Austausch mit den Kommiliton*innen. Wir waren schon eine recht internationale Gruppe, das ist in den nachfolgenden Studiengenerationen noch polyglotter geworden. Was ich sehr geschätzt habe, sind diese unterschiedlichen kulturellen und beruflichen Hintergründe. Ich erinnere mich gerne an viele wertvolle Gespräche zurück und an die gegenseitige wertschätzende Arbeit im Team und das ehrliche Interesse an einander und an den Studieninhalten. Viele Freundschaften aus dieser Zeit halten bis heute. Und nicht zuletzt die Ateliers in der Ackerstraße, in denen wir gearbeitet und eigentlich auch gelebt haben. Das Masterstudium war eine sehr kostbare, bereichernde Zeit für mich.

Wie sehen deine Arbeitsfelder aus, mit wem und wo arbeitest du?
Nach Studien-Ende habe ich erstmal viele Assistenzen und künstlerische Mitarbeiten gemacht, u.a. an der Oper Frankfurt, Oper Stuttgart, Oper Stockholm, Oper Oslo. Eigene Bühnenarbeiten habe ich am Jungen DT/Deutsches Theater, im Kulturforum, in der Tischlerei der Deutschen Oper, für die Sommeroper Schloss Britz, an den Theatern Heidelberg, in Hildesheim, Baden-Baden, Potsdam und Münster realisiert. Gemeinsam mit Patrick Bannwart war ich in Antwerpen und Gent, in Essen, in Basel (“Elektra”) und am Burgtheater Wien (“Käthchen von Heilbronn”), beides in der Regie von David Bösch. Was mir bis heute neben meiner Theatertätigkeit wichtig ist: die Weitergabe von Wissen, das Lehren und Unterrichten! Ich bin regelmäßig an der Hochschule Osnabrück, an der Theaterpädagogischen Akademie Heidelberg, an der Theaterakademie Mannheim und gebe außerdem noch Workshops für verschiedene Bildungsträger. Ich bin sehr froh, beides miteinander verbinden zu können. Dadurch, dass ich mittlerweile selbst am Studiengang Bühnenbild_Szenischer Raum unterrichte, bleibt der Kontakt zur TU Berlin bestehen und ich erlebe die positiven Weiterentwicklungen am Studiengang.

Was gefällt dir besonders an deinem Beruf?
Bei allen Vor- und Nachteilen der Freiberuflichkeit: ich kann mir nichts anderes vorstellen und schätze immer wieder meine Unabhängigkeit von Institutionen. Das gemeinsame Arbeiten am Theater kann großartig sein – im Regieteam, mit den Werkstätten und allen Leuten vom Haus. Es beflügelt, wenn Ideen wachsen, dadurch dass alle mit ihren verschiedenen Expertisen dazu beitragen. Es kann aber auch anstrengend und enttäuschend sein – unbenommen. Die Erfahrung hat wohl jeder gemacht, der in diesem Bereich unterwegs ist.

Gibt es etwas, das du heute anders machen würdest?
Ich glaube nicht.

Welche Tipps würdest du jemandem geben, der zum Theater gehen möchte?
Grundsätzlich: wenn echtes Interesse und Engagement da ist, dann: loslegen! Unbezahlte Hospitanzen und Assistenzen sind die Realität an institutionellen Theatern und nicht nur dort. Zum Start: nicht abschrecken lassen, aber selbst entscheiden, wie viel und wie lange. Wichtig ist, Menschen kennen zu lernen, mit denen du zusammenarbeiten willst. Welche Themen, Arbeitsweisen und künstlerischen Formate sind interessant? Welche Rahmenbedingungen ermöglichen dies und wie und wo sind diese zu finden oder selbst zu initiieren? Einiges auf Einmal, aber Ausprobieren ist der einzige Weg das herauszufinden.